Für viele langjährige Yogis gehört auch die Ernährung zum Yoga dazu. Warum ist das so? Ich bemühe mich ja stets, Yoga als ganzheitliches Konzept darzustellen: Yoga ist eine Philosophie, die in alle Lebensbereiche integriert werden kann. Das Ziel ist dabei immer ein zufriedenes & gesundes Leben. Dass die Ernährung wichtig für einen gesunden Lebensstil ist (ganz unabhängig von Yoga), wird jedem einleuchten. Und genau deshalb kann unsere Ernährung ein zentraler Aspekt einer Yogapraxis sein. Doch gleich vorweg: Es gibt nicht die eine, yogische Ernährung. Es geht meiner Meinung nach viel mehr darum so zu essen, wie es für deinen Körper gesund und richtig ist. Jeder Körper hat individuelle Bedürfnisse.

Selbstwahrnehmung

Wir üben Yoga mit dem Ziel wieder eine Einheit aus Körper und Geist (und Seele) zu kreieren. Viele Menschen haben die Verbindung zu ihrem Körper gekappt, sie spüren sich kaum mehr. Unter anderem über die Asanapraxis stärken wir diese Selbstwahrnehmung, wodurch wir dann die Basis für eine yogische Ernährung schaffen. Denn nur wer sich selbst überhaupt spürt, kann erkennen, welche Lebensmittel ihm wann gut tun und welche Zutaten besser ganz vom Speiseplan zu streichen sind. Außerdem können wir über eine gestärkte Wahrnehmung auch wieder zunehmend spüren, wann wir wirklich hungrig sind und wann wir beispielsweise aus Langeweile essen. 

Die Gunas und Ernährung

Immer wieder werden auch die Gunas als Grundlage für eine yogische Ernährung genannt. Was hat es damit auf sich? 
Die 3 Gunas sind bestimmte Eigenschaften, die laut einer der ältesten, indischen Philosophien (dem Samkhya) in jedem Menschen existieren. Mithilfe unserer Yogapraxis versuchen wir die 3 Gunas in Balance zu halten. 
Fühlst du dich nach dem Essen angenehm satt und energiegeladen, dann hast du vermutlich die ideale Menge der für dich gesunden Lebensmittel gegessen (entspricht Sattva Guna = Harmonie). Falls du dich jedoch müde fühlst, entspricht das Tamas (Trägheit) und liegt möglicherweise daran, dass du zu viel oder die falschen Lebensmittel gegessen hast (z.B. stark industriell Verarbeitetes). Im Falle der dritten Option Rajas (Unruhe) fühlst du dich nach dem Essen oder Trinken nervös oder aufgedreht, was beispielsweise auf Kaffee oder Zucker zurückzuführen ist. 
Wir streben also den Zustand von Sattva an, was aber nicht bedeutet, dass du gar keinen Kaffee mehr trinken darfst. Vielleicht trinkst du nur so viel Kaffee, dass du angenehm wach, aber nicht nervös und hibbelig bist. Es geht also darum ein Gleichgewicht zu finden, um möglichst nah an Sattva (=Harmonie) zu leben.

Yogastile und Ernährung

Es gibt durchaus Yogastile, die eine bestimmte Ernährungsform lehren. Im Sivananda wird beispielsweise eine vegetarische Ernährung empfohlen, Jivamukti Yogis* essen zumeist vegan und im Kundalini Yoga werden bestimmte, heilsame Lebensmittel anderen vorgezogen. 
Manche Yogis* wählen auch die ayurvedische Ernährungsform als Grundlage. Ayurveda ist ein ganzheitliches, traditionelles Gesundheitssystem aus Indien, welches die individuellen Bedürfnisse jedes Körpers berücksichtigt. Die Einzelheiten zur ayurvedischen Ernährung würden den Rahmen dieses Artikels jedoch sprengen.  

Gibt die Yogaphilosophie Anhaltspunkte zur Ernährung?

Unserem modernen, westlichen Yoga liegt zumeist das Yoga Sutra (mit dem achtgliedrigen Pfad) als Philosophie zugrunde. Mindestens zwei Elemente der Yamas & Niyamas (Umgang mit sich und der Umwelt) werden regelmäßig auf die Ernährung bezogen. Zunächst sprechen wir von Ahimsa, der Gewaltlosigkeit. Dabei geht es darum Gewalt, hier auch Tierleid, zu vermeiden. Je nach Interpretation ist dies die Grundlage für vegetarische oder auch vegane Ernährungsformen. Darüber hinaus ist auch die Selbstdisziplin ein Teil der Philosophie. Ohne Frage benötigen wir spätestens in Zeiten des Überangebots eine Portion Selbstdisziplin, um uns für die gesünderen, besser geeigneten Lebensmittel zu entscheiden.

Und wie setze ich persönlich das um?

Ich finde es wichtig das Thema mit Neugier und Freude anzugehen. Es geht nicht darum 100% deiner Mahlzeiten nach einer strikten Regel zuzubereiten. Viel wichtiger finde ich, dass wir Ernährung individueller denken und lernen, wieder auf unseren Körper zu hören. Welche Lebensmittel tun dir gut? Was solltest du vielleicht eher meiden, weil du anschließend immer müde bist oder Bauchschmerzen bekommst? Diese Beobachtungen brauchen Zeit und du kannst dich langsam an neue Erkenntnisse herantasten. 

Meine Idee ist darüber hinaus, das Thema „Essen“ mal wieder mit etwas Distanz zu betrachten. Warum essen wir denn überhaupt? Heutzutage antworten viele Menschen „um zu genießen“. Doch ehrlicherweise ist das bereits eine sehr privilegierte Sichtweise. Denn zunächst einmal essen wir, um unseren Körper mit der nötigen Energie zu versorgen. Die Nahrung ist schließlich eine unserer Haupt-Energiequellen. Führt man diesen Gedanken fort, dann sollten wir selbstverständlich auch Nahrungsmittel zu uns nehmen, die unseren Körper auch wirklich versorgen. Und dazu gehören vornehmlich natürliche, unverarbeitete Lebensmittel. Darüber hinaus enthalten Bio-Lebensmittel häufig mehr Nährstoffe, weshalb ich mein möglichstes gebe, um hauptsächlich bio zertifizierte Nahrungsmittel einzukaufen. Das muss man sich leisten können, ja, aber oft geht es auch um die entsprechenden Prioritäten. Denn kauft man weniger industriell verarbeiteten Produkte, so spart man zumeist auch Geld, welches wiederum in Bio-Produkte investiert werden kann. Seit Diskounter vermehrt biologische Alternativen anbieten, ist dieser Schritt ohnehin deutlich einfacher (also günstiger) geworden. 
Zuletzt esse ich (mittlerweile) strikt vegan. Es ist mein „neues Normal“ und fällt mir nach Jahren nicht mehr schwer. Ich habe das Gefühl, dass ich mit dieser (sehr persönlichen) Entscheidung viel Gutes unterstütze: Es ist nicht nur besser für MEINEN Körper, der tierische Produkte noch nie gut vertragen hat, sondern auch gut für unseren Planeten und selbstverständlich für das Tierwohl. 

Ich hoffe dieser Artikel konnte dir einige Zusammenhänge zwischen Ernährung und Yoga aufzeigen. Und vielleicht fühlst du dich ja inspiriert einige Ideen in deinen Alltag mitzunehmen?

Schön, dass du hier bist.
Namaste
Jil-Sophie

PS: Ich freue mich riesig über eure Kommentare und Fragen unter diesem Beitrag! 🙂

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